Zamecnik, Georg; Schweiger, Stefan; Lindenthal, Thomas and Himmelfreundpointner, Elisabeth (2021) Klimaschutz und Ernährung – Darstellung und Reduktionsmöglichkeiten der Treibhausgasemissionen von verschiedenen Lebensmitteln und Ernährungsstilen. Endbericht. Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Österreich, AT-Wien .
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Summary
Die gegenwärtige Ernährungsweise verursacht hohe Emissionen von Treibhausgasen (THG) entlang der gesamten Lebensmittel Wertschöpfungskette. In Österreich und auch weltweit betragen die ernährungsbedingten THG-Emissionen in Summe ca. 20–30 % an den gesamten THG-Emissionen. Lebensmittelproduktion, -konsum und -handel haben somit großen Einfluss auf den anthropogen verursachten Klimawandel sowohl auf nationaler wie auch auf globaler Ebene. Konsum von pflanzlichen oder tierischen Lebensmitteln, Produktionsstandards (biologisch/konventionell), Regionalität, Saisonalität, Wahl der Verpackung und zurückgelegte Transportwege wirken sich sehr unterschiedlich auf die CO2-Bilanz eines Produkts aus. Dabei besteht das Problem, dass es für Konsument*innen schwierig ist, auf Basis nachvollziehbarer Informationen klimafreundliche Entscheidungen beim Lebensmittelkonsum zu treffen.
Diese Arbeit verfolgt das Ziel, die Treibhausgasemissionen von verschiedenen Ernährungsstilen sowie ausgewählter pflanzlicher und tierischer (Bio-)Produkte in verschiedenen Produktionsstandards und unterschiedlicher Herkunft vergleichend darzustellen, um eine fundierte Grundlage zur Entscheidungsfindung zu liefern. Dabei wird auf einflussreiche und -arme Stellgrößen in der Klimabilanz eingegangen. Besonders wird der Fokus auf den Vergleich von biologischen und konventionellen Produktionsstandards gerichtet sowie auf produktions- und konsumbezogene Aspekte wie Regionalität, Saisonalität, Verpackung, Transport, Lebensmittelabfälle und Kohlenstoffspeicherung im Boden. Aus den Analysen werden Handlungsempfehlungen zur Reduktion der THG-Emissionen in der Ernährung für Konsument*innen, Politik, Landwirtschaft, lebensmittel¬herstellende sowie -verarbeitende Betriebe und Handel abgeleitet.
Mit Hilfe von Literatur- und Datenbankrecherchen wurden zunächst einerseits Studien zu gegenwärtigen Ernährungsweisen und Warenkörben ausgewertet sowie verfügbare CO2-Emissionsfaktoren gesammelt, auf Vergleichbarkeit und Datenqualität geprüft und vergleichend dargestellt. Darauf aufbauend wurden CO2-Bilanzierungen (Life Cycle Assessment, LCA) bzw. Modellierungen erstellt, um die Fragestellungen rund um die Themenbereiche Regionalität oder den Einfluss von Transport und Verpackung zu beantworten. Für ausgewählte Lebensmittel (Brot, Eier, Milch, Hafermilch, Tomaten, Äpfel, Tofu, Schweine- und Rindfleisch) wurde die Klimabilanz entlang der Wertschöpfungskette, von der landwirtschaftlichen Produktion bis zum Handel (Cradle to Point of Sale), für jeweils vier Szenarien in Österreich berechnet (LCA). Diese Szenarien bilden die Produktionsstandards Biologisch und Konventionell sowohl in regionaler als auch nicht-regionaler Ausprägung ab und setzen sich wie folgt zusammen: Konventionell, Konventionell regional, Bio, Bio regional.
Die mit Abstand wichtigste Stellschraube im Ernährungssektor hinsichtlich Klimaauswirkungen ist die Ernährungsweise per se. Das bedeutet, dass 28 % (omnivor, nach ÖGE-Empfehlungen reduzierter Fleischkonsum) bzw. 47 % (ovo-lacto-vegetarisch) und 70 % (vegan) der Treibhausgasemissionen der gegenwärtigen durchschnittlichen Ernährung (mit dem nach wie vor deutlich zu hohen Fleischkonsum) eingespart werden können.
Die Wahl von Bio-Produkten hat beim gegenwärtigen Ernährungsstil und zudem aufgrund der großen (möglichen) Zielgruppe ein sehr hohes Klimaschutzpotenzial. Die vollständige Umstellung auf Bioprodukte würde 10–20 % der – wie oben erwähnt sehr hohen – Treibhausgasemissionen im Ernährungsbereich in Österreich einsparen, insbesondere beim gegenwärtigen Ernährungsstil.
Weiters kommt dem Bereich der Reduktion vermeidbarer Lebensmittelabfälle entlang der gesamten Lebensmittelwertschöpfungskette (inkl. insbesondere auch der Haushalte) sehr große Bedeutung für eine klimafreundliche und nachhaltige Ernährung zu.
Unabhängig vom Ernährungsstil gibt es also Maßnahmen, durch die alle Konsument*innen einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgase und somit zu einer klimafreundlichen Ernährungsweise leisten können, da auch Maßnahmen mit einem prozentuell teilweise geringeren THG-Einsparungseffekt (Reduktion der Transportwege durch saisonale Produkte und Produkte aus der Region, weniger und ökologischere Verpackung u. a.) im Falle einer großen Verbreitung (z. B. durch Bewusstseinsbildung, Förderungen und Angebote) eine große Menge an THG-Emissionen einsparen.
Nicht außer Acht gelassen werden darf hier jedoch die Verantwortung von Politik und Handel in der Ausgestaltung entsprechender Rahmenbedingungen, Förderungen und Anreize für klimafreundlichen Konsum bzw. Ernährung und für eine nachhaltige klimafreundliche Landwirtschaft.
Zudem sind Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen in der Lebensmittelverarbeitung sehr bedeutsam. Darüber hinaus ist der Bereich Bildung und Wissensvermittlung (inkl. Bewusstseinsbildung) in Zusammenhang mit klimafreundlicher und nachhaltiger Ernährung besonders wichtig.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass bei allen 9 untersuchten Lebensmitteln das regionale Bio-Szenario die geringsten Treibhausgasemissionen verursacht, während Szenario Konventionell (nicht regional) durchgehend die höchsten Treibhausgasemissionen aufweist. Die Szenarien Konventionell regional und Bio ordnen sich im Mittelfeld ein, wobei die Variante Bio ebenfalls bei allen 9 Lebensmitteln z. T. deutlich geringere THG-Emissionen als die Variante Konventionell regional verursacht. Die auffälligsten Unterschiede betreffend Klimawirkung der vier Szenarien ergeben sich aus dem landwirtschaftlichen Produktionsstandard: Ob ein Lebensmittel biologisch oder konventionell produziert wird, hat bei den untersuchten Produkten gesamt gesehen den größten Einfluss auf die Klimabilanz. Die untersuchten Bioprodukte weisen pro kg Produkt um durchschnittlich 25 % geringere THG-Emissionen im Vergleich zu den konventionellen Produkten auf. Der Faktor Regionalität ist für eine verbesserte Klimawirkung ebenfalls von Bedeutung, wenn auch in geringerem Ausmaß: Diesbezüglich liegen die beiden Regionalszenarien im Durchschnitt um 6–9 % niedriger als die beiden Nicht-Regionalszenarien.
Bei den untersuchten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Rindfleisch, Schweinefleisch, Eier, Milch) ist der Hotspot der Klimawirkung in allen vier Szenarien ausnahmslos die Landwirtschaft. Faktoren wie Verpackung, Transport oder Verarbeitung haben hier innerhalb der verursachten THG-Gesamtemissionen einen anteilig geringen Einfluss. Bei den untersuchten pflanzlichen Produkten (Hafermilch, Tofu, Brot, Tomaten, Äpfel) lässt sich hinsichtlich Hotspots keine pauschale Aussage treffen: Die größten Treiber der Klimawirkung variieren je nach Lebensmittel und Szenario.
Möglichkeiten zu einer klimafreundlichen Ernährung und Landwirtschaft zeigen sich in dieser Arbeit ebenso deutlich wie die Notwendigkeit der Verschränkung mit anderen Nachhaltigkeitskriterien und -zielen. Dazu gehören im ökologischen Bereich u. a. Bodenschutz/Bodenfruchtbarkeit, Erhaltung/Förderung der Biodiversität und Gewässerschutz sowie im sozio-ökonomischen Bereich u. a. Ernährungssouveränität, Fairness, Transparenz, Resilienz der Betriebe und Krisenanfälligkeit/ robustheit der Lebensmittelversorgung. Diese gesamtheitliche Betrachtung verschiedener wichtiger Nachhaltigkeitsziele in Verbindung mit den Zielen eines klimafreundlichen Lebensmittelkonsums fließt in die abschließenden Handlungsempfehlungen dieser Studie mit ein.
EPrint Type: | Report |
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Keywords: | Klima, Klimaschutz, Treibhausgas-Emissionen, nachhaltige Ernährung, Lebensmittelkonsum, Lebensmittelproduktion |
Agrovoc keywords: | Language Value URI German - Deutsch Klima http://aims.fao.org/aos/agrovoc/c_1665 German - Deutsch Klimaschutz http://aims.fao.org/aos/agrovoc/c_1374571087594 German - Deutsch Treibhausgas-Emissionen http://aims.fao.org/aos/agrovoc/c_36198c2c German - Deutsch Lebensmittelproduktion http://aims.fao.org/aos/agrovoc/c_3025 German - Deutsch Nachhaltigkeit UNSPECIFIED |
Subjects: | Food systems > Processing, packaging and transportation Environmental aspects > Biodiversity and ecosystem services Food systems > Produce chain management |
Research affiliation: | Austria > FiBL Austria |
Related Links: | https://www.fibl.org/de/themen/klima |
Deposited By: | Klingbacher, DI Elisabeth |
ID Code: | 42833 |
Deposited On: | 19 Nov 2021 08:09 |
Last Modified: | 19 Nov 2021 08:10 |
Document Language: | German/Deutsch |
Status: | Unpublished |
Refereed: | Not peer-reviewed |
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