Velimirov, Alberta (2006) Zur Qualität gentechnisch veränderter Lebensmittel. Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) , Wien .
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An Hand verschiedener Beispiele aus dem Bereich der Gentechnologie konnte gezeigt werden, dass molekularbiologische Methoden mit ökologischen Prinzipien nicht vereinbar sind. Der produktbezogene Qualitätsnachweis, der vor allem auf Inhaltsstoffzusammensetzungen, invitro Tests und Akuttoxizitätstests beruht, erscheint nicht ausreichend, um die Qualität von GVNahrungsmittel umfassend zu definieren bzw. eine bessere Qualität dieser Produkte nachzuweisen. Außerdem erscheint die derzeit angewandte Risikokontrolle mangelhaft und revidierungsbedürftig, da die Prozessqualität, die alle Produktionsschritte umfasst, überhaupt nicht in Betracht gezogen wird.
Die „Mathematisierung der Natur“ (HUSSERL 1962) bereitete die Grundlage für die technische Naturbeherrschung, die wie es Ende des letzten Jahrhunderts immer deutlicher wurde, eine Schädigung der natürlichen Umwelt und eine Zunahme umweltbedingter Erkrankungen mit sich bringt.
Das mechanistische Weltbild vermittelt von biologischen Systemen den Eindruck eines Baukastensystems, in dem die einzelnen Bestandteile mehr oder weniger beziehungslos nebeneinander existieren. Die Erschaffung „neuer“ Lebewesen mittels gentechnischer Veränderung ist zur Zeit im Mittelpunkt von Diskussionen, die auch das derzeit anerkannte wissenschaftliche Naturverständnis in Frage stellen. In diesem Zusammenhang ist zum Konzept der substanziellen Äquivalenz als Leitfaden der angewandten Risikoforschung anzumerken, dass die klassische Wissenschaftsmethode, der die lineare Ursache-Wirkungsforschung zu Grunde liegt, für die Untersuchung von biologischen Zusammenhängen nicht ausreicht. Es wird nicht bedacht, welchen Einfluss die gentechnische Veränderung auf das Genom und somit auf die ganze Pflanze hat, wenn sie gezwungen wird, über Fremdgene neue Proteine zu expremieren. Das trifft sowohl auf das Allergiepotenzial als auch auf mögliche Abwehrreaktionen zu. Es konnte in Fütterungsversuchen nachgewiesen werden, dass bezogen auf Makro/Mikronährstoffe selbst „chemisch gleiche“ Produkte, signifikante Unterschiede in der Überlebensrate der Nachkommen sowie in der Futterpräferenz bewirkten (VELIMIROV et al, 1992, VELIMIROV et al. 2000).
Einige relevante Fütterungsversuche zeigten negative Einflüsse der GV-Produkte auf die Versuchstiere. Trotz dieser Ergebnisse gibt es kaum Langzeitversuche, die Klarheit verschaffen könnten. Dazu wird angemerkt, dass 95% aller auf diesem Gebiet arbeitenden Wissenschaftler auf Seiten der Industrie und nur 5% unabhängig arbeiten (Zitat TERWJE TRAAVIK, TV-Sendung am 14.07.04, SWR).
Das Fehlen von Risikoforschung darf nicht mit dem Fehlen von Risiken verwechselt werden (MÜLLER 2004).
Das am häufigsten zitierte „Pro-Argument“, gentechnische Veränderung passiere auch in der Natur, ist nicht haltbar. Natürliche DNA entsteht über sehr lange Zeiträume im lebenden Organismus, gentechnisch veränderte DNA wird innerhalb kürzester Zeit im Labor synthetisiert,wobei zweckorientierte Genkombinationen ohne Rücksicht auf natürliche Barrieren (Reproduktion) konstruiert werden.
Weiters wird oft darauf verwiesen, dass die erste Zulassung von RR-Soja in den USA 1994 erfolgte. Das bedeutet, seit mehr als 9 Jahren essen Millionen von Amerikanern GVOs, oft ohne sich dessen bewusst zu sein, da es keine gesetzlich verankerte Kennzeichnungspflicht gibt.
Wenn also gentechnische Produkte tatsächlich gefährlich wären, wieso hat man noch von keinen Katastrophen in Amerika gehört? Die Warnungen von Gegner der Gentechnik in der Nahrungsmittelproduktion beziehen sich nicht auf akut auftretende Massenerkrankungen, es wird immer vor Langzeitwirkungen gewarnt.
Epidemiologischen Studien zu Folge nehmen vor allem in Amerika ernährungs- und umweltbedingte Zivilisationskrankheiten zu. Es ist aber auf Grund der Nicht- Kennzeichnungspflicht jetzt bereits unmöglich, negative Effekte auf gentechnisch veränderte Nahrungsmittel zurückzuführen, ganz abgesehen davon, dass es sich meist um multifaktorielle Gesundheitsstörungen handelt, bei deren Auftreten der Einfluss von Novel Foods jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann.
Es geht in der Risikokontrolle darum nachzuweisen, dass neue Produkte sicher sind und nicht darum, dass neue Produkte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht schaden.
Es konnte auch gezeigt werden, dass die produktbezogene Auffassung von Qualität in den USA und Kanada in direktem Gegensatz sowohl zu EU gentechnik-spezifischen Regelungen als auch zu der prozessorientierten Qualitätsdefinition steht, wie sie für Produkte aus Biologischem Anbau üblich ist und damit auch den Forderungen ernährungsbewusster Konsumenten entgegenkommt.
Eine ökologisierte, lebensfördernde Nahrungsmittelproduktion, die bereits EU-weit angestrebt wird, kann durch biologische Landwirtschaftsmethoden erfüllt werden. Im Gegensatz dazu reduziert die Gentechnik Leben auf Leistungsfähigkeit.
99% aller gentechnisch veränderten Pflanzen wurden entwickelt, um entweder Biozide zu tolerieren (75%) oder zu erzeugen (24%). Sie repräsentieren Werkzeuge der Agrarindustrie mit dem Ziel der Intensivierung und stehen somit im Widerspruch zu einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion.
EPrint Type: | Report |
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Keywords: | ökologicher Landbau, Gentechnik, gentechnisch veränderte Lebensmittel, Lebensmittelqualität |
Subjects: | Food systems > Food security, food quality and human health |
Research affiliation: | Austria > FiBL Austria |
Deposited By: | Velimirov, Dr. Alberta |
ID Code: | 9122 |
Deposited On: | 02 Nov 2006 |
Last Modified: | 12 Apr 2010 07:34 |
Document Language: | German/Deutsch |
Status: | Unpublished |
Refereed: | Not peer-reviewed |
Additional Publishing Information: | Im Auftrag von Bio Austria, Wien, Oktober 2006 |
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