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Mediendienst Nr. 3277 vom 17. Juni 2016
Lupine – Hülsenfrucht mit grossem Potenzial
Die wachsende Nachfrage nach vegetarischen Sortimenten rückt den Fokus auf Ackerkulturen wie die Lupine.
Vegetarische und vegane Ernährung liegt im Trend. Damit werden Alternativen wichtiger – etwa die Lupine.
Diese ist in Europa eigentlich nicht neu. Im Mittelmeergebiet weist der Lupinen-Anbau rund 3`000 Jahre Ackerbaugeschichte auf und reicht bis in die Zeit der antiken Reiche Ägyptens, Griechenlands und Roms zurück. Heute noch stark verbreitet sind traditionelle, bittere Lupinensorten.
Ähnlich wie Oliven werden die Samen als eingelegter Snack, in Italien "Lupini", bzw. in Spanien und Portugal "Tremoco" genannt, zu Salat oder zu Wein gegessen. Dass die Anwendung auf diesen engen Bereich beschränkt blieb, hat seinen Grund: Die Aufbereitung für die menschliche Ernährung erfordert eine aufwändige, mehrtägige Entbitterungs-Prozedur durch Wässern mit Salzwasser.
Traditionelle Ackerbaupflanze neu entdeckt
Der Beginn der Züchtung in moderner Zeit begann in den 1930er-Jahren in Deutschland. Dabei standen die süssen Sorten der Weissen Lupine im Vordergrund. Den Ausgangspunkt für die Neuzüchtungen bildete die Neuentwicklung eines Alkaloid-Schnelltests, mit dem sich erstmals tausende von Genotypen auf Alkaloid-Armut testen liessen.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Lupinen-Anbau in Züchtung, Forschung und Beratung zunehmend vernachlässigt. Selbst ohne Förderung durch die Politik und Landwirtschaftsbranche hat die Weisse Lupine in Europa jedoch bereits in den 1990er-Jahren einen Aufwärtstrend erlebt. "Dann trat die Krankheit Anthraknose auf, die mit dem Saatgut übertragen wird und am deutlichsten in blühenden Beständen auftritt", erläutert FiBL-Forscherin Christine Arncken-Karutz die wechselhafte Geschichte der Ackerpflanze.
Bei der Anthraknose-Erkrankung werden die Pflanzen braun, verkrümmen sich und bilden keine Hülsen aus. Bei feuchtwarmer Witterung breitet sich die Krankheit epidemisch aus und kann zu totalem Ertragsausfall führen. Diese Krankheitsgefahr führt dazu, dass nur wenige Bio-Bauern in Deutschland die Weisse Lupine anzubauen wagen (Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern).
Dies erschwert auch die Entwicklung unabhängiger Bio-Züchtungsprogramme. Selbst die Bio-Landwirte sind bei der Weissen Lupine bisher auf konventionelles Z-Saatgut angewiesen und dieses muss konventionell mit Fungiziden angebaut worden sein, damit die Infektionsquelle für Anthraknose so klein wie möglich ist.
Schlüsselfrage: Welche Lupinensorte?
Christine Arncken-Karutz zeigt aufgrund dieser Ausgangslage das Dilemma der traditionellen Lupinenanbaus auf: "Die Anbauer weichen traditionellerweise auf die Blaue Lupine aus, die toleranter gegen die Anthraknose ist, die aber gleichzeitig weniger Ertrag bringt und empfindlicher auf Unkrautkonkurrenz ist."
Um für den Biolandbau konkrete Entscheidungsgrundlagen geben zu können, testet das FiBL seit zwei Jahren verschiedene Sorten der Blauen und Weissen Lupine. Erste Empfehlungen sind bereits machbar: "Die Blaue Lupine kann man sofort für den Anbau empfehlen. Für Bio empfehlen wir die Mischkultur mit Getreide zur Kontrolle des Unkrauts", so Christine Arncken-Karutz zum aktuellen Stand der Praxisforschung.
Für die Weisse Lupine kann das FiBL derzeit noch keine gesicherte Anbauempfehlung liefern. "Erst muss ein einfaches, sicheres Verfahren zur Feststellung des Anthraknose-Befalls im Saatgut entwickelt werden. Daran arbeiten wir derzeit mit einer Masterarbeit und verschiedenen Programmen, mit dem Ziel der Resistenzzüchtung", so Arncken-Karutz zu Herausforderungen der weiteren Forschungsarbeiten. In einem nächsten Schritt ist danach die Praxiserprobung der entwickelten Anwendungen in Zusammenarbeit mit der Getreidezüchtung Peter Kunz geplant.
Bei allen Herausforderungen betont Arncken-Karutz die vielen Vorteile des Lupinenanbaus: "Lupinen haben schöne, für Insekten attraktive Blüten, im Gegensatz zu Soja. Ökologisch hat die Lupine sehr viel zu bieten: Stickstoff-Fixierung, sehr gute Durchwurzelung des Bodens, aktive Mobilisierung von Phosphat aus tieferen Bodenschichten. Sie ist gut an kühle Frühjahrstemperaturen angepasst und verträgt etwas Frost. Gute Winterformen gibt es für unser Klima jedoch bisher noch nicht."
Lupinen: Attraktives Potenzial als Lebensmittel
Was bisher wenig bekannt ist, könnte sich bald ändern: Lupinen sind nicht nur als Futterpflanze, sondern besonders für die menschliche Ernährung sehr interessant. Christine Arncken-Karutz zählt die Vorteile im Vergleich zu Soja und anderen Ackerbaukulturen auf: "Nach Soja sind Lupinen die Hülsenfrüchte mit dem höchsten Proteingehalt. Ausserdem sind sie reich an Ballaststoffen und frei von Stärke, im Gegensatz etwa zu Erbsen. Sie sind sehr sättigend, fördern die Insulin-Ausschüttung und senken den Cholesteringehalt im Blut. Anders als Soja sind Lupinen zudem frei von gichtfördernden Purinen und von Phyto-Östrogenen."
Christine Arncken-Karutz glaubt daher an eine erfolgreiche Zukunft der Lupinen als Lebensmittel und sinnvolle Ergänzung zu Soja-Lebensmitteln: "Ich bin sicher: Die Lupine ist im Kommen. Man kann alles aus Lupinen machen, was man auch aus Soja machen kann: Fleischersatz, Milchersatz, Joghurtersatz, Tempeh, Sojasauce etc. - und Röstkaffee, der im Geschmack näher an Bohnenkaffee herankommt als herkömmlicher Getreidekaffee."
Wie ein Rundgang an der Hausmesse des Bio-Grosshändlers Bio Partner im Mai 2016 zeigte, teilen diese Einschätzung mittlerweile eine ganze Reihe von Verarbeitungs- und Handelsbetrieben. Die Etablierung von Lupinen-Sortimenten zumindest im Biofachhandel und in einem weiteren Schritt im allgemeinen Detailhandel scheint realistisch.
6. Juli 2016: Flurgang Lupinen-Feldversuch
Das FiBL veranstaltet am 6. Juli einen Flurgang im Lupinen-Feldversuch auf dem oberen Berghof in Mellikon AG und stellt dort Sortenversuche, Mischkulturenversuche und weitere FiBL-Forschungsaktivitäten zur Lupine vor.
Kategorien: Eiweisspflanzen