Szerencsits, Manfred (2007) Grundlagen für die gezielte Ausdehnung des Ökologischen Landbaus zum Zwecke des Wasserschutzes – Ableitung einer Ad-hoc-Theorie der Umstellung und Diskussion der Rahmenbedingungen für die Ausdehnung. [Basics for the targeted expansion of organic farming for water protection purposes – deduction of a theory of conversion and discussion of the general conditions for expansion.] Agraria - Studien zur Agrarökologie, no. Band 33. Verlag Dr. Kovac.
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Summary
Das Problem diffuser Einträge von Nitrat und Pflanzenschutzmitteln aus der Landwirtschaft in das Grundwasser konnte bisher nur teilweise gelöst werden. Aus den Zustandserhebungen für die Wasserrahmenrichtlinie in Deutschland wurde z. B. die Schlussfolgerung gezogen, dass die ergriffenen Wasserschutzmaßnahmen voraussichtlich nicht genügen, um die gesetzlich definierten Schutzziele zu erreichen. Indes wurde in zahlreichen Ver-gleichsuntersuchungen festgestellt, dass der Ökologische Landbau in der Regel geringere Gewässerbelastungen verursacht als die konventionelle Landwirtschaft und somit zur Erreichung von Wasserschutzzielen beiträgt. Dennoch wurde er bisher nur in wenigen Fällen für Zwecke des Wasserschutzes gezielt gefördert. Diese Arbeit hatte deshalb zum Ziel, Grundlagen für die gezielte Ausdehnung der ökologisch bewirtschafteten Fläche zum Zwecke des Wasserschutzes bereitzustellen. Es wird dargestellt, wie Landwirte zur Auseinandersetzung mit der Ökologischen Landwirtschaft motiviert bzw. bei der Umstellung unterstützt werden können. Hierfür wurden zu-nächst Initiativen untersucht, durch die eine Ausdehnung zum Zwecke des Wasserschutzes erreicht werden sollte (Teil A). Da die Umstellung einzelner Landwirte die Voraussetzung für eine gezielte Ausdehnung ist, wird im Hauptteil der Arbeit (Teil B) der Prozess der Umstellung behandelt. Hierfür wurden in den Jahren 2002 und 2003 in Niedersachsen 101 Landwirte befragt, von denen 68 konventionell und 33 ökologisch wirtschafteten.
Zur Beschreibung der Umstellung von den ersten Kenntnissen des Ökologischen Landbaus bis zur Etablierung als Öko-landwirt wurde durch empirische Analysen und Theoriebildung das Modell des Innovations-Entscheidungsprozesses von Rogers weiterentwickelt. Die Erweiterung auf ein zweidimensionales Phasenmodell ermöglicht die Zuordnung von Landwirten zu relativ homogenen Gruppen entsprechend ihres Wissens über und ihrem Interesse am Ökologischen Landbau. Mit Hilfe des Modells können deshalb für die einzelnen Phasen und Status der Umstellung spezifische Anfor-derungen an Maßnahmen zur gezielten Ausdehnung formuliert werden. Eine Maßnahme, die in sämtlichen Phasen die Erfolgsaussichten der gezielten Ausdehnung deutlich verbessert, ist die Einbeziehung von Ökolandwirten, die von um-stellungsinteressierten Kollegen als vorbildliche Betriebsleiter bewertet werden. Der Effekt dieses Vorgehens ist umso größer, je intensiver der Informationsaustausch und die betriebliche Zusammenarbeit mit diesen Ökolandwirten ist.
Aus dem empirischen Material wurde zudem eine Systematik umstellungsrelevanter Faktoren entwickelt, die nach den systemischen Wirkungsebenen der Faktoren und der Spezifik für die Umstellung gegliedert ist. Diese Syste-matik erleichtert die Übersicht über die funktionalen Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen den relevan-ten Faktoren und hilft z. B. Beratern bei der Identifikation jener Wirkungsketten, die für die Umstellungsentschei-dung ausschlaggebend sind. Die wichtigsten Eingangsgrößen für die individuelle Bewertung der aktuellen relativen Vorzüglichkeit des Ökologischen Landbaus sind in der ersten Phase in der Regel die Wahrnehmung bekannter Ökolandwirte sowie die generellen und regionalen Rahmenbedingungen der ökologischen Betriebsführung. Auf Basis dieser ersten Eindrücke entwickeln Landwirte ein bestimmtes Interesse bzw. eine Haltung gegenüber dem Ökologischen Landbau und entscheiden, wie viel Aufmerksamkeit sie dem Ökologischen Landbau widmen und ob sie gezielt Informationen über ihn sammeln. Es ergibt sich jeweils ein positiver oder negativer Rückkopplungseffekt zwischen Wahrnehmung, Bewertung, Interesse und der Beschaffung von Informationen. Im Falle wachsenden Interesses gewinnen deshalb in den späteren Phasen konkrete betriebliche Parameter, sowie die Durchführbarkeit und das Risiko der Umstellung an Bedeutung. Mit zunehmender Kenntnis und steigendem Interesse ändert sich jedoch nicht nur das Spektrum der relevanten Faktoren sondern auch ihre Ausprägung, weil zusätzliche Informati-onen berücksichtigt und umfassender bewertet werden. Aufgrund der hohen Unbestimmtheit zentraler Faktoren bleiben allerdings bis zuletzt Intuition und emotionaler Zugang für die Entscheidungsfindung von großer Bedeu-tung. Die Ermittlung von durchschnittlich besonders bedeutsamen oder ausschlaggebenden Faktoren ist daher von geringer Aussagekraft, wenn nicht unterschieden wird, in welcher Phase der Umstellung sich Landwirte befinden und in welchem Maße sie sich für den Ökologischen Landbau interessieren.
Bis zum Jahr 2005 wurden Nebenwirkungen der gezielten Ausdehnung des Ökologischen Landbaus auf den Ökomarkt befürchtet bzw. es wurde bezweifelt, dass eine gezielte Ausdehnung in nachhaltiger Weise durchführ-bar ist. Aus diesem Grunde wurden ergänzend die Rahmenbedingungen der Ausdehnung mit Experten diskutiert (Teil C). Im Falle sinkender Erzeugerpreise können durch die Bereitstellung von Ausgleichszahlungen für kon-krete Wasserschutzleistungen umstellungsbedingte betriebswirtschaftliche Verschlechterungen kompensiert werden. Wenn derartige Zahlungen entsprechend begründbar sind, werden sie weder von Experten noch von Landwirten, egal ob konventionell oder ökologisch wirtschaftend, in Frage gestellt. Insgesamt sollte bei der Ges-taltung von Strategien zur gezielten Ausdehnung die Entwicklung des Ökomarktes im Auge behalten werden. Empfehlenswert ist die direkte Unterstützung von Landwirten bei der Öffentlichkeitsarbeit und der Erschließung regionaler Marktpotenziale z. B. durch die Stärkung von Netzwerken und Kooperationen.
Summary translation
The problem of diffuse pollution of water resources with nitrates and pesticides from agriculture has not been solved yet in numerous cases despite of manifold efforts since the nineties. An expansion of the organically farmed area would contribute to resolve this problem, because organic farming causes less contaminations of water bodies than conventional farming on average. But so far, organic farming was only in a few cases in-creased for water protection purposes specifically. Therefore this thesis provides basics for the specific ex-pansion of organic farming for water protection purposes. It describes, how farmers can be motivated to con-cern themselves with organic farming and how they can be supported during conversion effectively.
For this purpose projects, aiming at a targeted increase of organic farming, have been investigated (Part A). Since the conversion of single farmers is the precondition for targeted expansion, the main part of the thesis (Part B) deals with the process of conversion. For this 101 farmers have been interviewed in Lower Saxony in 2002 and 2003. 68 of them farmed conventionally and 33 organically.
For the description of the process of conversion from the first knowledge of organic farming to the establish-ment as an organic farmer Rogers’ model of the innovation-decision process was further developed through empirical analysis. The expansion to a two-dimensional model (five stages of knowledge/experience and 4 statuses of interest) enables the assignment of farmers to relatively homogeneous categories corresponding to their knowledge of and interest in organic farming. This model allows to define particular requirements for measures aiming at a specific expansion for water protection purposes. One measure, boosting the chances of expansion in all stages of conversion, is the involvement of organic farmers, who are seen as shining ex-amples of farm managers from colleagues interested in conversion. The effectiveness of this measure in-creases, the more intensive cooperation and exchange of information between this exemplary organic and conventional farmers is.
Another result of the empirical analysis is a system of factors relevant for conversion. It is structured accord-ing to systemic levels and the degree, in which factors are specific for conversion. This system facilitates ob-taining an overview on the links and interdependences between relevant factors and may for example serve advisers to identify those functional chains crucial for farmers’ conversion-decision.
In the first stage of conversion the most important input parameters for the individual determination of the current relative advantage of organic farming are normally the perception of known organic farmers and the general as well as regional conditions for organic farm management. On the basis of these first impressions farmers adopt a specific interest or attitude towards organic farming and decide, how much attention they give to him and if they start to collect information about the conditions for conversion. Thus a feedback effect arises between perception, valuation, interest and activities for gathering or refusing further information. Therefore, in the case of growing interest those factors gain in importance, which are connected to specific farm conditions. The same applies for the practicability and risk of conversion. However, with increasing knowledge and interest not only the spectrum of relevant factors changes but also their characteristic, be-cause additional information is considered and valuated more comprehensively. On account of the high inde-terminacy of important factors nevertheless intuition and emotional attitude remain of high importance up until the last stage of the conversion-decision. Hence the identification of the most important or decisive factors on average remains meaningless, if it is not differentiated to which stage of conversion farmers are allocated and to what extend they are interested in organic farming.
Up to the year 2005 side effects of targeted expansion of organic farming on the organic market were suspected and it was doubted, that specific expansion is feasible in a sustainable way. Therefore the conditions of expan-sion were discussed with experts (Part C). In case of a decline of producer’s prices farm economic losses due to conversion can be compensated through the supply of payments for specific water protection efforts. If such payments are justified, they are not challenged neither by experts nor by farmers, no matter if conventional or organic. All in all the development of the organic market should be considered while mapping out strategies for targeted expansion. The direct support of farmers in public relations work and the opening up of regional market areas, for example through the strengthening of networks and co-operations, are recommendable too.
EPrint Type: | Book |
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Keywords: | Ökologischer Landbau, Wasserschutz, Umstellung, Agrarpolitik, landwirtschaftliche Beratung, Umweltverhalten, Verhaltensänderung, Umweltpsychologie, Öko-Beratung, Entscheidungsfindung, Agrarsoziologie, Biologische Landwirtschaft, Trinkwasserschutz, Verhaltenspsychologie, Wasserschutzprojekte, Agrarökologie, umstellungsrelevante Faktoren, Phasenmodell der Umstellung, Verhaltensregulation |
Subjects: | Food systems > Policy environments and social economy Knowledge management > Education, extension and communication Food systems > Community development Knowledge management > Education, extension and communication > Technology transfer Environmental aspects > Air and water emissions |
Research affiliation: | Germany > Federal States > Lower Saxonia Germany > Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen - KÖN Germany > University of Kassel > Department of Organic Farming and Cropping |
Related Links: | http://www.verlagdrkovac.de/3-8300-3276-5.htm |
Deposited By: | Szerencsits, Manfred |
ID Code: | 13147 |
Deposited On: | 25 Feb 2008 |
Last Modified: | 01 Jul 2010 12:05 |
Document Language: | German/Deutsch |
Status: | Published |
Refereed: | Peer-reviewed and accepted |
Additional Publishing Information: | Dissertation am Fachgebiet Ökologischer Land- und Pflanzenbau, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften, Universität Kassel |
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