Messmer, Monika; Hildermann, Isabell; Arncken, Christine; Drexler, Dora and Wilbois, Klaus-Peter (2011) Chancen und Potenziale verschiedener Züchtungsmethoden für den Ökolandbau. Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), CH Frick .
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Das übergeordnete Ziel dieser Studie war es einen Beitrag zu leisten zur Konsensbildung und Transparenz über die Kriterien zur Beurteilung von Züchtungsmethoden. Weiterführendes Ziel war es die Öffentlichkeit für die Wertvorstellungen und Ziele des ökologischen Landbaus zu sensibilisieren und die Bedeutung des Saatguts für unsere Ernährung ins Bewusstsein zu rufen. Eine nachhaltige Produktion von Lebensmitteln aus ökologischem Anbau erfordert eine Optimierung von Sorten und Anbaumethoden. Dringend notwendig ist es, eine Züchtung mit Fokussierung auf die spezifischen Zuchtziele und Anbaumethoden des Ökolandbaus zu etablieren, um Effizienz und Ertragsstabilität der ökologischen Nahrungsmittelproduktion zu erhöhen. Aber auch die Zunahme von gentechnisch veränderten Sorten, die zunehmende Konzentration auf dem Saatgutmarkt und die eingeschränkte Nutzung genetischer Ressourcen durch die Patentierung von Lebewesen verlangt nach alternativen Ansätzen.
Gemäss den Prinzipien des Ökolandbaus ist die Züchtung neuer Sorten ganzheitlich zu betrachten, d.h. nicht nur die gezüchtete Sorte, sondern auch der Prozess der Sortenentwicklung sollte den Grundsätzen des Ökolandbaus entsprechen. Wichtige Kriterien wie die Wahrung der Integrität der Pflanzen, die Erhöhung der genetischen Diversität, die Einhaltung natürlicher Kreuzungsbarrieren sowie die Interaktion der Pflanze mit Boden und Klima sind zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass der Einsatz der Züchtungstechniken, die zur Erzeugung genetischer Variation, für Selektion und Vermehrung üblicherweise eingesetzt werden, auf ihre Kompatibilität mit dem Ökolandbau beurteilt werden sollten. Die Diskussion über die Kompatibilität moderner Züchtungstechniken mit den Grundsätzen des Ökolandbaus wird in Ökokreisen seit einigen Jahren im Rahmen von nationalen und internationalen Workshops und Tagungen geführt. Bis anhin ist man aber zu keiner abschliessenden Einschätzung der Techniken gekommen. Währenddessen werden in der Genom-Forschung ständig neue Erkenntnisse gewonnen und hochentwickelte Methoden etabliert, die in öffentlichen und privaten Züchtungsprozesse einfliessen. Damit die Fortschritte der modernen Pflanzenzüchtung auch in die ökologische Pflanzenzüchtung bzw. den Ökolandbau einfließen können, ist es wichtig einen Konsens zu finden.
Um die Basis für eine sachliche Diskussion zu legen, wurden in einem ersten Schritt die einzelnen Züchtungstechniken für die Schaffung genetischer Variation, für die Selektion und für die Vermehrung beschrieben und durch Informationen von Züchtern und Züchtungsforschern ergänzt. Dabei wurden Vor- und Nachteile aufgelistet, um die Potentiale für den Ökolandbau ableiten zu können. Durch eine breit angelegte Umfrageaktion von konventionellen und ökologischen Pflanzenzüchtern und Forschern wurde ermittelt, welche Rolle die einzelnen Züchtungstechniken bereits heute in der praktischen Züchtung bzw. Züchtungsforschung spielen, welche Erfolge sie gebracht haben und welche neuen Technologien in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen werden, um eine nachhaltige Lebensmittelversorgung sicherstellen zu können.
Neben der Auslotung der Chancen neuer Techniken wurde ein Kriterienkatalog entwickelt, der eine möglichst sachliche und transparente Beurteilung von Züchtungsmethoden ermöglicht. Dabei wurden sowohl ethische, wissenschaftliche als auch soziologische und marktpolitische Aspekte berücksichtigt. Dieser Kriterienkatalog wurde in einer zweiten breit angelegten Umfrageaktion innerhalb des Öko-Sektors verifiziert. Dazu wurden verschiedene traditionelle und moderne Züchtungstechnologien aufgelistet mit der Bitte eine persönliche Einschätzung zu geben für das potentielle Risiko dieser Technologien bzw. für die Übereinstimmung dieser Technologien mit den Grundwerten des Biolandbaus. Im Anschluss daran sollte eine Gewichtung für die einzelnen Beurteilungskriterien vorgenommen werden, bzw. durch neue Kriterien ergänzt werden.
Die Umfragen wurden ausgewertet, die Bewertungskriterien entsprechend ergänzt und zusammen mit der vorläufigen Beschreibung von 49 Züchtungsmethoden an 50 Experten und Interessensvertreter des Ökolandbaus versandt, die zu einem Expertenworkshop eingeladen wurden.
Der Workshop wurde am 2. März 2011 mit 30 Teilnehmern in Frankfurt durchgeführt. Nach einem kurzen Inputreferat wurde vormittags die Liste der Bewertungskriterien diskutiert und bereinigt und nachmittags in Gruppenarbeiten eine Gewichtung dieser Kriterien für (I) Sorten aus konventionelle Züchtung, (II) Sorten aus Züchtungsprogrammen für den ökologischen Landbau und (III) Sorten aus ökologischer Pflanzenzüchtung durchgeführt. Diese Gewichtungen wurden anschließend im Plenum diskutiert mit dem Ziel einen Minimalkonsens für jedes Kriterium zu erreichen. Im Anschluss an den Workshop wurde das Dossier mit der Beschreibung der verschiedenen Züchtungstechniken überarbeitet, mit den wichtigsten Beurteilungskriterien ergänzt und ins Englisch übersetzt.
Die Umfragen und der Expertenworkshop haben grosses Interesse und viele Diskussionen innerhalb und ausserhalb des Ökosektors ausgelöst. Die Diskussionen wurden in der Schweiz im Rahmen von mehreren Züchtungsworkshops für Bio Suisse und in Deutschland im Rahmen der Treffen des Netzwerks für ökologische Pflanzenzüchtung und innerhalb der Verbände weitergeführt wurden. Da die Pflanzenzüchtung und die Lebensmittelsouveränität im Moment von verschiedenen Seiten thematisiert wird, wurde viel Wert auf die Öffentlichkeitsarbeit gelegt und die Ergebnisse der Studie an verschiedensten Veranstaltungen vorgestellt und diskutiert.
Basierend auf dem Workshop und den anschliessenden Diskussionen wurde ein konsensfähiges Grundlagenpapier zur ökologischen Pflanzenzüchtung verfasst, das von den Experten und Interessensvertretern des Ökosektors mitgetragen wird. Dieses Grundlagenpapier soll einerseits die Züchtung für den ökologischen Landbau stärken, Sicherheit für Züchter und Anbauer schaffen und andererseits die Öffentlichkeit sensibilisieren für die Bedeutung von Saatgut und Züchtung für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion. Darüber hinaus soll das Grundlagenpapier Transparenz schaffen und die Wertvorstellungen einer ökologischen Pflanzenzüchtung vermitteln. Der Prozess zur Ausformulierung dieses Grundlagenpapiers hat mehrere Rückkopplungen durchlaufen, bis ein Konsens erreicht werden konnte. Dieses Grundlagenpapier wurde ebenfalls in Englisch übersetzt und wird zusammen mit dem Dossier zur Beschreibung und Beurteilung von Züchtungsmethoden für den ökologischen Landbau an der Konferenz des Europäischen Konsortiums zur ökologischen Pflanzenzüchtung (ECO-PB) am 3. November 2011 verteilt und via Internet öffentlich zugänglich gemacht. Durch die Vernetzung mit ECO-PB und dem Dachverband für ökologischen Landbau soll (IFOAM) wird dieses Grundlagenpapier auch auf internationaler Ebene zur Harmonisierung beitragen.
EPrint Type: | Report |
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Keywords: | Mercator, Pflanzenzüchtung, Züchtungsmethoden, Saatgut, Ökolandbau |
Subjects: | Crop husbandry > Breeding, genetics and propagation |
Research affiliation: | Switzerland > FiBL - Research Institute of Organic Agriculture Switzerland > Crops > Seeds and breeding > Plant breeding Switzerland > FiBL - Research Institute of Organic Agriculture Switzerland > Soil Switzerland > FiBL - Research Institute of Organic Agriculture Switzerland > Sustainability > Climate Germany > FiBL Germany - Research Institute of Organic Agriculture > Nature conservation |
Related Links: | http://www.fibl.org/de/schweiz/forschung/bodenwissenschaften.html |
Deposited By: | Messmer, Dr. Monika |
ID Code: | 20029 |
Deposited On: | 16 Dec 2011 09:57 |
Last Modified: | 19 May 2021 11:24 |
Document Language: | German/Deutsch |
Status: | Published |
Refereed: | Peer-reviewed and accepted |
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